Verordnung zur Änderung der Gefahrstoffverordnung –
Bundesratsverfahren

Das Bundeskabinett hat am 21.08.2024 den Referentenentwurf zur Änderung der Gefahrstoff- verordnung beschlossen. Dieser wird jetzt dem Bundesrat übersandt und soll dann am 02.10.2024 in den Ausschüssen des Bundesrates beraten werden. Sodann ist dort für den 07.10.2024 die Vorlage der Ausschussempfehlung vorgesehen. Für den 18.10.2024 ist dann die Zustimmung des Bundesrates geplant, Anfang November soll das Kabinett den Bundesratsbeschluss billigen. Die AHH hat gemeinsam mit den Handwerksverbänden aus Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz und Schleswig-Holstein ein Anschreiben an die im Bundesrat zuständige Staatsministerin Heike Hofmann verfasst.

Verordnung zur Änderung der Gefahrstoffverordnung – Bundesratsverfahren

Sehr geehrte Frau Staatsministerin Hofmann,

die Verordnung zur Änderung der Gefahrstoffverordnung (GefStoffV) ist am 21.08.2024 vom Bundeskabinett verabschiedet worden. Die hier erfolgten Änderungen würden massiv unsere Handwerksunternehmen, die Vollzugsbehörden der Länder und letztlich ebenfalls den Veranlasser belasten. Im Hinblick auf die Länderbefassung durch den Bundesrat bitten wir Sie deshalb, sich für Änderungen am Kabinettsbeschluss und für eine Rückkehr zum sogenannten Veranlasserprinzip mit vorheriger Erkundungspflicht einzusetzen.

Schwerpunkt der Novellierung der Gefahrstoffverordnung ist eine bessere Prävention im Hinblick auf arbeitsbedingte Krebserkrankungen durch Neuregelungen im Umgang mit Asbest in Bestandsgebäuden. Asbesthaltige Materialien finden sich noch heute in fast allen Bestandsbauten, die zwischen 1930 und 1993 gebaut oder renoviert wurden, insbesondere auch in Klebern, Putzen und Spachtelmassen (PSF), die bis dato wenig beachtet wurden.

Um notwendige Arbeitsschutzmaßnahmen berücksichtigen zu können, kommt der Ermittlung, ob bei den anstehenden Arbeiten mit Asbest oder anderen Gebäudeschadstoffen zu rechnen ist, eine hohe Bedeutung zu.

Es ist zwingend notwendig, dass Unternehmen der Bau- und Ausbaugewerke bereits bei der Abgabe eines Angebots über Informationen zu vorhandenen Gefahrstoffen verfügen, damit diese zum einen entscheiden können, ob sie überhaupt in der Lage sind, die Arbeiten vorzunehmen und zum anderen konkrete Arbeitsschutzmaßnahmen festlegen können, um eine realistische Kalkulation für ein verlässliches Angebot zu erstellen. Ohne ein verlässliches Angebot drohen Konflikte, Verzögerungen, Nachverhandlungen bis hin zu Finanzierungsproblemen.

Im Rahmen der Überarbeitung der Gefahrstoffverordnung haben die Veranlasserpflichten eine deutliche Änderung gegenüber vorhergehenden Entwürfen erfahren. Während in der Begründung zum Referentenentwurf vom 01.07.2024 noch „die Erkundungsergebnisse des Veranlassers die Grundlage für die Gefährdungsbeurteilung des Arbeitgebers bilden und die Voraussetzung effektiver Schutzmaßnahmen sind“, wird die Erkundungspflicht bei Arbeiten in und an schadstoffbelasteten Gebäuden bzw. Arbeitsumgebungen in der Fassung des Kabinettsbeschlusses vor allem auf die Handwerksunternehmen verlagert. Der Veranlasser soll nach § 5a Abs. 1 GefStoffV nur bereits bei ihm vorhandenen Informationen zur Bau- und Nutzungsgeschichte Ausschau halten und weitergeben, was ihm bekannt ist.

Abgesehen von der aus unserer Sicht inakzeptablen Pflichtenverschiebung zu Lasten des ausführenden Unternehmens würde sich die vom Bundeskabinett vorgesehene Ausgestaltung der Regelung als praxisfern und nicht umsetzbar erweisen.

Der nun vorgesehene Beitrag des Veranlassers, nur über Baujahr und Nutzungsgeschichte informieren zu müssen, ist für Bestandbauten mit Baujahr vor 1993 nicht ausreichend für die Erstellung eines verlässlichen Angebots. Eine stärkere Einbeziehung des Veranlassers ist zudem erforderlich, damit dieser sich nicht seiner Verantwortung als Inhaber der Gefahrenquelle entziehen kann. Zudem sei angemerkt, dass auch Auftraggeber durch die Erbringung von Eigenleistungen direkt gefährdet sein können sowie Bewohner durch eine Kontamination des Gebäudes durch freigesetzte verbleibende Asbestfasern. Auch die Länder wären in hohem Maße von der durch die Bundesregierung vorgenommenen Streichung der Veranlasserpflichten betroffen. Denn sie müssten mit ihren Vollzugsbehörden diese Unklarheiten prüfen und nachhalten, ohne den Veranlasser überhaupt belangen zu können.

Die mutmaßliche Sorge der Bundesregierung, dass die Quote an energetischen Sanierungen nicht in gewünschtem Umfang erreicht wird, wenn eine gesetzliche Pflicht den Veranlasser von baulichen Maßnahmen vorab zu einer Schadstofferkundung zwingt, wird kontraproduktiv auf dem Rücken baugewerblicher Unternehmen und deren Belegschaften ausgetragen, die eine wichtige Rolle auf dem Weg zur Klimaneutralität spielen. Das verfolgte Ziel, Bau- und Sanierung durch die Streichung der Veranlasserpflichten zu beschleunigen, wird sogar durch riskante und ineffiziente Abläufe konterkariert.

Im Interesse des Gesundheitsschutzes der Beschäftigten unserer Gewerke sowie der Bewohner betroffener Gebäude und im Interesse einer weiteren fortlaufenden Energiewende appellieren vier Unternehmerverbände des Handwerks aus Hessen, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz und Schleswig-Holstein an Sie, sich als zuständige Ministerin im Bundesratsverfahren für das Veranlasserprinzip mit vorheriger Erkundungspflicht in den Verordnungstext einzusetzen.

Wir bitten Sie und die Bundesländer, im Bundesrat den Empfehlungen der Ausschüsse vom 8. Oktober 2024 zu Drucksache 403/1/24 zu entsprechen.

Mit freundlichen Grüßen

Arbeitgeberverbände des hessischen Handwerks e.V.

Handwerk Schleswig-Holstein e.V.

Unternehmerverband Handwerk NRW e.V.

Unternehmerverband Handwerk Rheinland-Pfalz

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